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46. Weissacher Imkertag 24.04.2019

Noch während des Imkertags in Weissach kam die Aussage „… das kann ich dann doch sicher heute Abend schon auf deiner Seite lesen, oder?“

Nein, so schnell geht das nicht immer.
Aber ja, ich schreibe etwas dazu. Hier also ein paar Notizen vom diesjährigen Imkertag in Weissach.

Die Vorträge sollen hier zum download bereitgestellt werden: https://www.landwirtschaft-bw.info/pb/MLR.RP,Lde/Startseite/RP+Stuttgart/Weissacher+Imkertage

Begrüßung
Dr. Kurt Mezger, Regierungspräsidium Stuttgart

  • 1.000 neue Imker in Baden-Württemberg in 2018
  • 23.500 Imker in Baden-Württemberg
  • 180.000 Bienenvölker in Baden-Württemberg (1/5 der Bienenvölker in Deutschland)
  • Alle wesentlichen Förderungen der aktuellen Petition in Bayern sind in Baden-Württemberg bereits umgesetzt, d.h. entsprechenden Maßnahmen sind eingeleitet oder Förderprogramme aufgelegt. Entscheidend ist aber natürlich, dass es auch zur konsequenten und nachhaltigen Umsetzung kommt.

Projekt Blühende Naturparke
Manfred Kraft, Leiter des Projekts Blühende Naturparke (www.bluehende-naturparke.de), Obmann für Bienenweide des Landesverbandes Badische Imker e.V.

  • Insektensterben: Bezug auf Krefelder Studie aus 2017, Studie steht zwar auch stark in der Kritik, war aber eine Art Weckruf zum Problem des Insektensterbens
  • Beispiel in Baden-Württemberg: 10 Arten von oligolektischen Wildbienen sind auf eine Glockenblumenart angewiesen, die auf Heuwiesen wächst. Durch die veränderte Nutzung der Wiesen und das häufige Mähen ist die Glockenblume und damit auch die 10 Wildbienenarten stark gefährdet.
  • Das Projekt stützt sich u.a. auf die Erfahrungen des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, 2016 wurde Kooperation gestartet
  • Blühende Naturparke wurden 2018 gestartet, um die Erfahrungen und Aktivitäten weiter zu verbreiten
  • Projekt wird im Rahmen des Sonderprogramms des Landes zur Stärkung der biologischen Vielfalt mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg für 2 Jahre finanziell gefördert
  • Anforderungen an die einzelnen Projekte
    • Trittsteine schaffen meint, dass für Wildbienen im Umkreis von rund 100m eine Ausbreitung möglich ist, sonst besteht die Gefahr der genetischen Verarmung
    • Mehrjährige heimische Wildblumen und Wildgräser
    • Standortangepasste Artenzusammensetzung
    • Ökologisches Pflegemanagement
    • Offene Bodenstellen
  • Projekt hat auch Bildungsauftrag, um die Besitzer der Flächen zu motivieren und für mindestens 5 Jahre ökologischer Pflege zu verpflichten
  • Nutzung von gebietsheimischem zertifizieren Saatgut wird dringend angeraten
  • Beschaffung des Saatguts und die Bewirtschaftung wird koordiniert, Vernetzung der Flächen ist wichtig
  • Kooperation bei der Aussaat mit Kindergärten: Kinder sind Multiplikatoren, da sie oft die ganze Familie motivieren auch selbst etwas zu unternehmen
  • Herbstaussaat ist erfolgreicher, da es bei der Frühjahrsaussaat oft viel zu trocken ist
  • Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG) nehmen teil, aber auch viele private Initiativen sind dabei
  • Projekt hat gute Flächenwirkung und Arbeit mit Kindern ist nachhaltig
  • Zusammenarbeit mit Imkern ist gut
  • Schwierig: beratungsintensiv, technische Ausstattung der Gemeinden, Saatbeet-Vorbereitung, Ausbildung der Bauhofmitarbeiter, §40 Saatgut (gebietsheimisch ausserhalb der Ortschaften, ab nächstem Jahr verpflichtend)
  • Unterstützung durch EDEKA Südwest bei Seminaren zur Ausbildung von Fachmann/-frau für Bienenweide
  • In Fragerunde
    • Merkblatt des Instituts in Aulendorf (lazbw.de)
    • Heu machen bedeutet auch Ausbringen von Samen durch Heublumen

Aktuelles aus der Landesanstalt für Bienenkunde
Dr. rer. nat. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim

  • Bienensterben => Insektensterben => Biodiversität
  • Projektvorstellung: Blühinseln im urbanen Raum
    • Nutzen von verschiedenen Bepflanzungen wurde untersucht, auch im Stadtgebiet können Wildbienen durch richtige Bepflanzung unterstützt werden, Flyer kann auf Webseite von LAB heruntergeladen werden
  • Honigbienengesundheit
    • DeBiMo: Bericht über aktuelle Ergebnisse und die Entwicklung über die Jahre
    • Hauptursache für Winterverluste nach wie vor Varroa
    • Bienenviren spielen immer größere Rolle
    • Bienenbrot wird analysiert, auf 450 Stoffe wird untersucht, 90 Wirkstoffe werden in der Regel gefunden, am häufigsten werden Fungizide gefunden, meiste Stoffe nur im Bereich von Sporen, keine signifikante Auswirkung auf Bienengesundheit, ggfs. Kombieffekte möglich
    • Untersuchungen zu Tankmischung von Fungizid und Insektizid, Tankmischung wirkt 10x toxischer auf Hummeln als Einzelsubstanzen, Tankmischung wird inzwischen als bienengefährlich eingestuft (Einzelsubstanzen sind als bienenungefährlich eingestuft)
  • Varroa-Bekämpfung
    • Kurzer Status zur Untersuchung von Lithiumchlorid als Wirkstoff gegen Varroa
      • Wirkung ist erstaunlich gut, Bienen werden nicht geschädigt
      • Bienenbrut reagiert sehr empfindlich, guter Wirkungsgrad gegen Varroa bedeutet sehr hohe Brutschäden
      • Wirkung auf Kunstschwärme liegt bei rund 95%
      • Lithiumsalze haben großes Potenzial, Nebenwirkungen scheinen beherrschbar, Produktentwicklung und Zulassung würde 2-3 Jahre dauern, Gespräche mit Unternehmen laufen (noch nichts konkretes)

Fachberatung Biodiversität der Abteilung 3 RPS
Leon Wurtz, Regierungspräsidium Stuttgart

  • Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt
  • Sinnvolle Maßnahmen unterstützen, die die Biodiversität fördern und die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft fördern
  • Broschüre Flora und Fauna. Mit Herz und Verstand.
  • Oligolektische Bienen besonders gefährdet
  • Die meisten Wildbienen nisten im Boden, daher offene Bodenstellen frei lassen und altes Material wie abgestorbene Blütenstengel o.ä. über den Winter stehen lassen
  • Für die Kulturlandschaft ist eine vielfältige Bestäubung notwendig, d.h. Zusammenspiel von Honigbienen, Wildbienen und anderen Insekten
  • Bienen fördern durch Vielfalt, d.h. Blühbrachen und Blühstreifen fördern, eigenen Garten entsprechend bepflanzen, kommunale Flächen extensiver bewirtschaften

Neue Präparate zur Varroabekämpfung – Anwendungsweise und gesetzliche Regelungen
Thomas Kustermann, Imkerfachberatung Regierungspräsidium Stuttgart

  • Rückblick
    • letztes Jahr sehr heiß, aber trotzdem Honig
    • AS Behandlung wurde teilweise zu spät gemacht, Winterverluste recht gering
  • Neue Präparate und gesetzliche Regelungen
    • Amitraz-Rückstände wurden in Honig gefunden
    • Veterinärämter haben verstärkt kontrolliert
    • Arzneimittelrechtliche Vorgaben wurden häufig nicht eingehalten (auch unter Bienensachverständigen)
    • Rechtliche Folgen oft nicht bekannt, Dokumentationspflicht wird oft nicht eingehalten (Bestandsbuch)
    • Tabelle von zugelassen Mitteln zur Bekämpfung von Varroa ist auf der Webseite des DIB verfügbar
    • Milchsäure im brutfreien Volk wird nicht mehr empfohlen, da Oxalsäure im Sprühverfahren besser wirkt (aber Schutzmaßnahmen erforderlich)
    • Bestandsbuch: apothekenpflichtige Präparate sind zu dokumentieren (kein Einsatz bei den Bottwarbienen), geförderte Präparate müssen aufgrund der Förderung dokumentiert werden, bei frei verkäuflichen Präparaten lässt sich aus dem Lebensmittelrecht eine Aufzeichnungspflicht ableiten
    • Generell keine Präparate während der Tracht einsetzen (gute imkerliche Arbeit)

 

Fachberaterinnen für Bienenprodukte
Silvia Heider, Fachberaterin für Bienenprodukte, Netzwerk Einkommen schaffender Dienstleistung

  • Ideengebern ist Rosemarie Bort, Imkerin, Heilpraktikerin, Apitherapeutin
  • Für Frauen, die mit Bienen zu tun haben oder sich sehr dafür interessieren (oft Imkerinnen oder Frauen von Imkern)
  • Berufsübergreifend, aber mit der Organisation der Landfrauen verbunden
  • Fachberaterinnen erhalten Zertifikat und u.a. ein gemeinsames Logo und Mitgliedschaft dient zum Erfahrungsaustausch, der Schulung und zur Vernetzung
  • Markt der Möglichkeiten: was man alles mit Bienenprodukten tun kann
  • Fachberaterinnen bieten Schulungen, Vorträge und Events rund um die Bienenprodukte an
  • Altes Wissen um Bienenprodukte soll wiederbelebt werden und weiter verbreitet werden
  • Produkte und Aktivitäten: Herstellung und Veredelung von Seifen, Bienenwachstücher, Honig-Massage, Holunder-Honig-Sirup, Honig-Zitronen Limonade, Malen mit Bienenwachs (Encaustik), Bienenwachslichter/Teelichter, Backen und Kochen mit Honig, Honigverkostungen, Honig mit Ingwer gegen Erkältung

 

Rückenschonendes Betriebssystem
Friedmann Sigrist, Tierwirt Imker

  • 20-30 Völker und Imkerei seit den Kindertagen
  • Rückenprobleme haben dazu geführt, Lösungen für Stand- und Wanderimkerei
  • Einführung von Flachzargen, zuerst nur für Honigraum (159mm hoch, Beespace 6-7mm einhalten)
  • Später auch Bruträume auf Flachzargen umgestellt
  • Vorteile
    • keine Futterkränze, sondern gesamter Honig im Honigraum
    • Deutliche Gewichtsreduzierung
    • Einfache Handhabbarkeit der Flachzargen
    • Jede Betriebsweise möglich
    • Gleiches Rähmchenmass im Brutraum und Honigraum
  • Nachteile
    • 4 Zargen pro Volk, d.h. ca. 10 Rähmchen mehr zu bearbeiten
  • Völker in Zweieraufstellung, damit mit Hocker auch eine Bearbeitung im Sitzen möglich ist
  • Hilfsmittel z.B. Klapptisch, damit Honigräume auf der richtigen Höhe umgesetzt werden können
  • Ableger direkt in einer Flachzange gebildet
  • Wandern mit speziell umgebauter Sackkarre
  • Varrobehandlung mit Fangwaben-Käfig, ähnlich wie Bannwaben-Verfahren, brutfrei durch Absperren der Königin und Fangwirkung in abgegrenztem Bereich (Entnahme der verdeckelten Brut, ähnlich wie beim Drohnenrahmen)