Wie immer am Mittwoch nach Ostern trafen sich viele Vertreter aus dem Regierungspräsidium, anderen Behörden, den Imkerverbänden und Vereinen aber natürlich auch viele Imker in der Strudelbachhalle in Weissach-Flacht.
Die besten Beiträge waren dieses Jahr aus meiner Sicht die differenzierte Betrachtung zum Thema Insektensterben von Lea Kretschmer, der Ansatz von Markus Schwarz zur Völkerteilung und der klassische Statusbericht aus Hohenheim von Dr. Peter Rosenkranz.
Nachfolgend ein paar Notizen zu den Vorträgen.
„Ziele und Maßnahmen des Sonderprogramms des Landes zur Stärkung der biologischen Vielfalt“, Dr. Gerhard Schaber-Schoor Leiter Koordinierungsstelle Biodiversität und Landnutzung MLR
- Mediales Echo: 2017 das Jahr des Insektensterbens?, 75% Rückgang in Deutschland, Ein ökologisches Armageddon?, Warum kleben keine Insekten mehr auf der Windschutzscheibe?, Beispiel Buch von Rachel Carson – Silent Spring
- Zusammenfassung: Vielfalt und Menge der Insekten geht zurück
- Zwischenbilanz: Maßnahmen im Rahmen der Naturschutzstrategie noch nicht ausreichend für Erhaltung der Biodiversität, Blick soll von Schutzgebieten auf die „Normallandschaft“ gerichtet werden, es braucht mehr Kooperation, alle müssen an einem Strang ziehen
- Es braucht ein Mehr von: konkrete Maßnahmen auf der Fläche, Beratung vor Ort bei der Umsetzung, Grundlagen hinsichtlich Umfang und Ausmaß
- Sonderprogramm des Landes zur Stärkung der Biologischen Vielfalt (vom Ministerrat am 21.11.2017 beschlossen)
- Laufzeit 2018-2019
- 30 Mio. € zusätzlich für Fachgrundlagen und Maßnahmen auf der Fläche
- Weitere 6 Mio. € für Monitoringaufgaben
- Wissenschaftliche Begleitung durch Fachgremium externer Sachverständiger
- Umweltministerium, Ministerium für Ländlicher Raum und Verkehrsministerium arbeiten zusammen
- Maßnahmen: Erhaltungsmassnahmen u.ä. in Natura2000-Gebieten, Veratärkter Moorschutz, Qualitätssicherung der Naturschutzgebiete, Modellregion für Biotopschutz, Insektenmonitoring, Brutvögelmonitoring, etc., Aufwertung von Strassenbegleitgrün, Erhöhung der Biodiversität durch Wiedervernetzung von Lebensräumen (Querungshilfen, Amphibienschutzanlagen, etc.), FAKT-Projekte z.B. Brachebegrünung mit Blühmischungen erweitert, Regenerative Landwirtschaft und Biodiversitätsberatung, Reduktion von Pflanzenschutzmitteln (durch präzisere Ausbringung), Förderung von Nutzung von Lebensmitteln aus biologischem und extensivem Anbau
- Blühende Naturparke: Leitfaden, Blühmischungen, finanzielle Förderung
- Was wurde bisher veranlasst: Erste Maßnahmen begonnen, Fach- und Begleitgremien gebildet, erste Zwischenergebnis zu einzelnen Maßnahmen für Herbst 2018 erwartet, 2019 dann verstärkt Berichte etc., Fortführung nach 2019 wahrscheinlich
„Varroabekämpfung: Aktuelle Situation und Beurteilung neu zugelassener Mittel“, Dr. Peter Rosenkranz Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim
- Varroa weiterhin Hauptursache für Winterverluste
- Darwinistische Bienenhaltung nach Tom Seeley
- Forderung #6 war Verzicht auf Behandlung gegen Varroa
- Aber: Ricola-Projekt zeigt, dass das nicht funktionieren wird, nach 1 1/2 Jahren hat keines der 40 Völker in Hohenheim überlebt
- Problem bei Selektion auch die hohe Bienendichte in unserer Region
- Bekämpfung zwingend erforderlich, Konzept funktioniert und wird in Details weiterentwickelt
- Verbesserung für 2. AS-Behandlung?
- Neuzulassung Oxuvar 5,7%
- Selbst mischen als Sprühbehandlung im Sommer und Träufelbehandlung im Winter
- Sperren der Königin zur Brutfreiheit (Juli) und Sprühbehandlung (August), erfolgreicher als Kontrollbehandlung mit Bayvarol, mittlerer Wirkungsgrad 85% und damit für Aufwand etwas zu wenig Nutzen
- Vergleichsbehandlung mit AS-Verdunster war erfolgreicher
- Varromed
- Ähnlich wie früher „Bienenwohl“
- Enthält OX, AS und ätherische Öle
- Behandlung während Saison zugelassen
- Feldversuch: 5x Varromed-Behandlung ab Mitte August mit Träufeln, bei einigen Völkern dann noch Notbehandlung mit AS erforderlich, dann 2x OX
- Varromed ist damit nicht für die 1. AS-Behandlung sinnvoll
- Weiterer Versuch ab Mitte September war erfolgreicher
- Bessere Wirkung bei schwächeren Völkern mit weniger Brut, daher eher für 2. AS-Behandlung geeignet
- Weitere Feldversuche sind geplant
- Lithiumchlorid
- Verwunderung über mediales Echo, zeigt aber den massiven Bedarf an neuen Entwicklung im Bereich von Varroabekämpfung
- Lithium wirkt systemisch über das Bienenblut
- Milben sterben ab 10mM innerhalb von 2-3 Tagen zu 97-100%
- Bei Dauerfütterung moderate Verkürzung der Lebenszeit der Bienen
- Bienenbrut reagiert aber empfindlich
- 95% Wirksamkeit bei Kunstschwärmen (d.h. brutfreies Volk)
- Weitere Untersuchungen erforderlich, aber Entwicklung zum Medikament nur mit Unterstützung von Unternehmern möglich (3-5 Mio. € und ca. 5 Jahre Zeit)
- Weiteres Vorgehen noch unklar
- Neuzulassung Oxuvar 5,7%
- Weiterhin Hohenheimer Konzept empfohlen!
„Insektensterben – Begriffserklärung, Hintergrundwissen und Fakten“, M.Sc.Agr. Lea Kretschmer ehemalige Mitarbeiterin der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim
- Bienen- versus Insektensterben?
- Bienenvölker in Deutschland von 1991 bis 2007 deutlich gesunken, seither steigen die Völkerzahlen wieder
- Südeuropa und weltweit steigend seit ca. 1960, in Europa gesamt aber gesunken
- Seit Oktober 2017 wird von Insektensterben gesprochen
- Insekten sind die Gruppe mit der größten Artenzahl in Deutschland
- Langes Insektensterben lässt sich nicht mit Kurzfristmassnahmen beheben
- Krefelder Studie: 75% Verlust in 27 Jahren der Biomasse der fliegenden Insektenin geschützten Gebieten, 18.10.2017
- 1989-2016, 63 Standorte wurden beprobt mit Malaisfallen, parallel Pflanzen und Wetter dokumentiert, Schwerpunkt der Standorte in Krefeld
- Abnahme der Biomasse über die Jahre
- Beprobungen in der Anzahl über die Jahre sehr unterschiedlich über die Jahre
- Ergebnisse der verschiedenen Standorte sehr unterschiedlich
- Biomasse hat definitiv abgenommen, zur Ermittlung der Ursachen wurden erhobene Umgebungsdaten ausgewertet, Ökosysteme sehr komplex und Ursachen häufig nicht zu ermitteln
- Welche Insekten sind betroffen und warum?
- Rothamsted insect survey
- Über ganz UK
- Detailliertere Auswertung über 30 Jahre
- Signifikanter Rückgang nur an einem Standort, Gründe nicht geklärt, andere Standorte gingen nicht zurück, waren aber schon auf niedrigerem Niveau
- Rote Listen
- Fast 50% der Insekten sind bestandsgefährdet oder ausgestorben
- Viele Ursachen und nicht die eine (einfache) Antwort
- Möglichkeiten der Gegensteuerung
- Blühstreifen
- Das eigene Konsumverhalten hinterfragen
- Sensibilisierung der Mitmenschen
- Wir brauchen langen Atem
- Verantwortung der Imker
- Schutz von „umbrella species“ hilft auch weiteren Arten
- Wir müssen wissen, was wir wissen und was wir nicht wissen
- Offener Umgang mit der Landwirtschaft
- Mehrjährige Kulturen bevorzugen
„Fachberatung Imkerei 2017 – Ausblick 2018“, Thomas Kustermann Regierungspräsidium Stuttgart
- Vortrag ist entfallen
„Spannungsfeld: Pflanzenschutzmittel und Imkerei“, Alexander Weissbarth Imker und Mitarbeiter im Obstbau Beratungsdienst Hohenlohe-Neckar e.V.
- Was ist Pflanzenschutz?, nicht nur Chemie, sondern auch Netze gegen Hagel, Sonnenbrand o.ä.
- Geeigneter Standort für geeignete Sorte
- Pflanzenschutz erfolgt heute nicht mehr ziel- und planlos
- Mulchen häufig zum Bienenschutz vor Insektiziteinsatz
- „Grundschlechtes Gewissens?“
- Einseitige Berichterstattung der NGOs?
- Berichterstattung sollte kritisch hinterfragt werden
- Derzeitiger Lebensstandard nicht ohne Pflanzenschutz möglich
- Kommunikation und Zusammenarbeit wichtig
- Häufig Diskussion emotional und nicht faktenbasiert
- Bezug zwischen Landwirt und Verbraucher hat nachgelassen
- zu wenig Information erzeugt Misstrauen
- Kaufverhalten steuert die Art wie Landwirtschaft betrieben wird: Spannungsfeld Wunsch nach Bio versus Kaufentscheidung über Preis, Billig und Paradies funktioniert nicht
- Schutz über Netze und Tunnel ist möglich, aber sehr investitionsintensiv
- Landwirtschaft und Imkerei kein Widerspruch
- Landwirte, die auch Bienen halten, sind aufgrund der Spezialisierung seltener geworden
- Aufruf zur offenen Kommunikation zwischen Imkern und Landwirten!
„Schwarmvorbeuge durch Volksteilung nach der Frühtracht“, Markus Schwarz Imkermeister HonigManufaktur Spatzenhof
- „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
(Albert Einstein, 1879–1955) - Vollerwerbslandwirt mit Biolandbetrieb aus Überzeugung
- Bienenfutter: Biolandrübenzucker aus Baden-Württemberg, Preis ca. 3fach ggü. Stärkefuttersirup
- Hofladen, weil die Kundschaft es vehement eingefordert hat
- Schon immer Onlinehandel
- Keine klassische Wanderimkerei
- Fokus auf Regionalität
- Volksteilen nach der Frühtracht, Warum?
- Aufwand reduzieren
- Wirtschaftlichen Ertrag verbessern
- Vorgehensweise
- Volk ca. 50/50 aufgeteilt, plus Mittelwand und Schied, Honigraum bleibt auf dem Ausgangsvolk
- Volk mit Altkönigin und Volk mit Weiselzelle oder Jungkönigin
- Weniger Zeit in Summe für geteilte Völker als für beide geteilten Völker
- Völker mit Altköniginnen haben Honigernte gebracht, Neuvölker nicht (Effekt auch aufgrund der Teilung an Ausgangsstandort, d.h. Flugbienen beim Altvolk)
- Wirtschaftliche Betrachtung zeigt Vorteil dieser Methode (Wert des neuen Volks ausschlaggebend plus ggf. Nutzung in Spättracht)
- Varroabelastung der Völker geringer
- Volksteilung stellt Schwarmtrieb komplett ab